Der Fürst als Kriegsherr: Ein Einblick in die mittelalterliche Macht und Konflikte im Passauer Raum11/4/2025
![]() Der Förderverein lud am Donnerstagabend zum Hybridvortrag „Der Fürst als Kriegsherr. Spätmittelalterliche Berichte über Fürsten im Passauer Raum und ihre Tugend des Kampfes“ mit Marie-Kristin Reischl ein. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der von der DFG geförderten Heisenbergprofessur für Geschichte der ost- und mitteleuropäischen Kulturen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit an der Universität Passau. Der Tagungsraum der Veste Oberhaus war gut gefüllt; auch online hatten sich zahlreiche Gäste per Zoom zugeschaltet und verfolgten die Präsentation bequem von zuhause aus. Frau Reischl beschäftigt sich im Rahmen ihrer Dissertation mit den verschiedenen Rollen von Herrschern in Konfliktsituationen und deren Darstellung in der Geschichtsschreibung des Spätmittelalters. Für den Förderverein stellte sie drei bedeutende Figuren der Passauer Geschichte in den Mittelpunkt und untersuchte deren Rollen in der zeitgenössischen Überlieferung. Ulrich II. von Andechs, der erste Fürstbischof von Passau, legte 1219 auf dem St. Georgsberg den Grundstein der Veste Oberhaus. Die Festung diente nicht nur dem Schutz, sondern war vor allem als sichtbares Symbol für Macht und Stärke gedacht – ein deutliches Signal an potenzielle Gegner. Lange Zeit galt die Anlage als uneinnehmbar: „Keine Menschenmacht wird [sie] einnehmen können“, schreibt der spätere Papst Pius III. an einen Freund am 22. Juli 1444. Als geistlicher Würdenträger verpflichteten sich Bischöfe in der Regel den Tugenden ihres Standes und strebten eine Konfliktlösung ohne Waffengewalt an. Ganz anders hingegen die Rolle weltlicher Herrscher in der Schlacht bei Mühldorf im September 1322. Um den Thronstreit um das römisch-deutsche Königtum zu beenden, trafen zwei rivalisierende Parteien in einer offenen Feldschlacht aufeinander. Im Gegensatz zu den Bischöfen traten die weltlichen Fürsten hier als tapfere, aktiv kämpfende Gewaltakteure auf, trotz der enormen Gefahren auf dem Schlachtfeld. Der dritte Teil des Vortrags widmete sich der Schlacht bei Erlau im Jahr 1367. Die Passauer Bürgerschaft stellte sich damals gegen den regierenden Fürstbischof Albert von Winkel, um Passau zur freien Reichsstadt zu erklären. Der Fürstbischof zog sich auf die Veste Oberhaus zurück, an deren Eroberung die Aufständischen scheiterten. Die Passauer Bürger zogen brandschatzend durch das Umland, um die Streitkräfte des Bischofs aus der Burg zu locken und einen offenen Kampf zu erzwingen. Unterstützung erhielt Albert von Winkel schließlich durch österreichische Truppen, mit deren Hilfe die Rebellion blutig niedergeschlagen wurde. Ob Albert selbst während der Schlacht in aktiver Rolle – als Feldherr oder gar als Krieger – auftrat, geht aus der einzigen zeitgenössischen Quelle, den Annales Matseenses, nicht hervor. Auch bei seinem Verbündeten Leopold von Hals lässt sich die Funktion als Gewaltakteur bei der Schlacht bei Erlau nicht ermitteln. Im Anschluss entwickelte sich eine angeregte Diskussion mit dem Publikum vor Ort, das sich besonders für die Herausforderungen mittelalterlicher Überlieferung und deren Interpretation interessierte. Der Vortrag bot fundierte Einblicke in die Darstellung fürstlicher Herrschaft in Konfliktsituationen des Spätmittelalters und zeigte anhand von drei Passauer Beispielen, wie differenziert mittelalterliche Geschichtsschreibung Macht und militärisches Handeln inszenierte. Kommentare sind geschlossen.
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